Braucht man eigentlich ein Hochschulstudium, um Christ zu sein? Ich lese den ersten Brief von Paulus an die Gemeinde in Korinth. Gleich das erste Kapitel lässt mich aufhorchen und mich fragen, ob es eigentlich sinnvoll ist zu studieren - bisschen spät, wo ich jetzt schon 40 Tage dabei bin.
Im ersten Kapitel geht es zunächst darum, dass die Gemeindeleute sich darüber streiten, wem sie eigentlich nachfolgen. Paulus, Apollos, Petrus oder Christus. Christus!, ist die klare Antwort von Paulus, denn zwar hat Paulus einige Menschen getauft, aber ja doch nicht auf seinen Namen, sondern auf den von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Er ist nur gekommen, um die gute Botschaft, die er selbst empfangen hat, weiterzugeben. Das ist sein Auftrag. Er soll die Menschen zu Jüngern Jesu machen, nicht zu seinen eigenen.
"Denn Christus hat mich nicht beauftragt zu taufen, sondern das Evangelium zu verkünden. Und das darf nicht mit klugen Worten geschehen, weil sonst der Botschaft von Christus und seinem Tod am Kreuz die Kraft genommen würde."
1. Korinther 1,17
Der zweite Teil dieses Verses war es, der mich auf meine Frage brachte. Moment mal, da steht nicht mit klugen Worten!? Wenn ich studiere, lerne ich doch aber gerade kluge Worte zu benutzen, ich lerne über das Evangelium nachzudenken, ich lerne kluge Schlussfolgerungen zu ziehen. Ist das Format Studium denn tatsächlich das, was ich als Christ brauche?
Nein. und Ja!
Als Christ, der zum Glauben gekommen ist, durch die Botschaft, die ein anderer mir verkündet hat, brauche ich kein Studium. Ich brauche nichts von allem, außer dem Glauben. Denn der Glaube* ist es, der mich vor Gott gerecht macht. Der Glaube ist es, der den Heiligen Geist in mir wohnen lässt. Und der Glaube ist es, von dem ich anderen weitererzählen kann. Es ist deine Geschichte, die anderen die gute Botschaft verkündet.
Meine Geschichte ist ganz einfach. Ich war schon jahrelang Teil der Gemeinde, hatte mich auch schon taufen lassen und arbeitete in der Gemeinde - sogar in der Gemeindeleitung - mit. Ich war quasi schon voll integriert und dachte, ich würde bereits glauben. Und das tat ich in gewisser Weise auch, wie ein Kind eben. Dann hatte ich nach der Geburt meines zweiten Kindes eine Depression und suchte in dieser Zeit intensiv nach Gott im Gebet. Eines Tages war ich im Gottesdienst einer anderen Gemeinde. Der Pastor predigte über den Hebräerbrief und las:
"Was ist denn der Glaube? Er ist ein Rechnen mit er Erfüllung dessen, worauf man hofft, ein Überzeugtsein von der Wirklichkeit unsichtbarer Dinge."
Hebräer 11,1
Ich konnte dazu Amen - so ist es - sagen. Ich glaubte! In dem Moment kam etwas vom Himmel auf mich herab. Es fühlte sich an, als würde sich etwas von oben in mich hineinlegen. Und ich war geheilt, von meiner Depression. Ich wusste, ich glaube. Ich wusste, dass all das wahr ist und ich wusste, dass ich eines Tages bei Gott sein würde, wenn mein Leben hier auf der Erde endet.
Wenn Du meine Geschichte hörst und sie glaubst, dann glaube auch, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Dann bist Du gerettet.
So einfach ist das.
Oder vielleicht auch nicht. Denn es geht nicht darum, dass Du glaubst, dass ich das, was ich erzähle erlebt habe und dass das meine Wahrnehmung ist. So nach dem Motto, ja, ich glaube dir, dass du das so siehst, aber ich sehe das anders. Es geht darum, dass du glaubst, dass das wahr ist, dass Jesus wahr ist.
Gott ist Mensch geworden, um uns nahe zu sein, um unter uns zu leben. Er hat sich klein gemacht, damit er sein kann wie wir, damit wir werden können wie er. Er ist in seinem Sohn Jesus Mensch geworden und Jesus hat ein Leben ohne Fehler, ohne Schuld, ohne Sünde gelebt, die ihn von Gott trennt. Und dann ist er als Verbrecher ans Kreuz gegangen und gestorben, damit wir für unsere Fehler und unsere Schuld nicht am Kreuz sterben müssen. Damit wir ein Leben mit Gott, mit der Liebe, mit Zukunft führen können, auch wenn wir schlimmes getan haben. Und dann ist er vom Tod wieder auferstanden, damit wir die Hoffnung haben, dass wir das auch tun werden. Weder Schuld, noch Krankheit, noch Tod kann uns von Gott trennen, wenn wir glauben.
Ich möchte Dich ermutigen, Dich auf die Suche nach ihm zu machen. Besuche einen Gottesdienst, lies in der Bibel, bete, tu das, wo auch immer du glaubst, Gott vielleicht finden zu können. Und ich verspreche Dir, er wird sich Dir offenbaren.
"Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 8 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan."
Matthäus 7,7
Und wozu brauche ich dann ein Hochschulstudium? Das ist der andere Aspekt des Christ seins. Es ist das eine zu glauben - das ist sehr gut -, doch was nun daraus folgt ist, dass sich das eigene Leben verändert. Der Heilige Geist wirkt in mir und verändert mich. Er will mich Gott, dem Vater ähnlicher machen. Damit man auch von außen erkennt, dass ich seine Tochter bin.
Nachfolge*. Wie Paulus beschreibt, dass es Christen gibt, die sagen, dass sie Anhänger von ihm sind oder von Apollos. Ich bin Anhänger von Christus. Ich folge Jesus nach. Ich möchte werden wie Jesus. Das ist das Ziel meines Lebens, ihm ähnlicher zu werden. Jesus, der mein Bruder, mein Freund, mein Herr ist. Denn wer den Sohn sieht, sieht den Vater. Ich möchte die Tochter meines Vaters sein.
Das bedeutet für viele Menschen sehr ähnliches - einen Lebenswandel nämlich. Weg von dem, was die Welt so treibt: auf den eigenen Vorteil bedacht sein, sich das Beste für sich raussuchen, Erfolg haben, Geld machen, Trinken, Prassen, Rummachen, Schlemmen...
Hin zu dem, was Gott gefällt: liebevoll mit mir selbst wie mit anderen umgehen, gern für andere auf Dinge verzichten, verstehen, dass Erfolg nicht immer Gewinn bedeutet, in Armut und unabhängig von Reichtum zufrieden leben können, Schönes miteinander Feiern, ohne dass es ausarten muss, Sex in einer liebevollen Ehe miteinander teilen oder darauf zu verzichten und andere Schönheiten des Lebens kennen lernen,...
Es bedeutet sich mit dem Glauben auseinander zu setzen. Nicht stehen zu bleiben, im Glauben, nach dem Motto, jetzt ist es gut. Sondern weiterzugehen im Glauben und Nachzudenken über das Leben und seine Herausforderungen (so einfach ist Theologie!) und zu schauen, wie Jesus damit umgegangen ist und was das für mich in meinem Leben bedeutet.
Und es bedeutet für jeden einzelnen den Weg des Kreuzes zu gehen. Das heißt, ich zeige Gott mein Herz, mit allem Bösen darin, mit allem, was zerbrochen ist, mit all meiner Traurigkeit, Wut, Erschöpfung, Sehnsucht, Angst, und überlasse ihm die Heilung und lasse mich zum Guten verändern. Ich bekenne, dass ich schuldig bin und schiebe die Schuld nicht immer nur auf andere. Ich gebe zu, dass ich Fehler gemacht habe, für die ich keine Rechtfertigung habe und dass ich Hilfe brauche. Ich lege das Bild ab, das ich von einem guten, vollen Leben habe und lasse mir von Gott zeigen, welches volle Leben er für mich vorbereitet hat.
In meinem Leben bedeutet das, dass ich ihm offenbare, was andere mir angetan haben und offen dafür bin ihnen zu vergeben. Und dass ich offen dafür bin zu erkennen, was ich anderen angetan habe, und hingehe und sie um Vergebung bitte. Und Gott zeigt mir das Leben, das er für mich vorbereitet hat. Hier nach Elstal zu gehen zum Beispiel. Meine Herzenssehnsucht ist Teil einer Gemeinde zu sein, für die ich auch hauptamtlich tätig bin. Und diese Herzenssehnsucht hat er gesehen und mir dafür den Weg geebnet.
Und ich brauche dieses Hochschulstudium. Denn vom Herzen und vom Wesen her, bin ich für die Gemeindearbeit gemacht, aber mein Verstand braucht noch das richtige Futter, eine Korrektur im Denken und Verstehen, damit ich auch für andere ein Vorbild, ein Hirte, ein Beistand sein kann in ihrem Leben. Dafür brauche ich das Hochschulstudium. Ich brauche die Lehre andere zu lehren, ich brauche die Lehre andere zu führen, ich brauche die lehre für andere zu sorgen. Und dazu gehört für mich zuerst zu verstehen, warum die Dinge heute so sind, wie sie sind und so waren, wie sie waren (Kirchengeschichte) und warum der Glaube klare Regeln vorgibt (Dogmatik), aber in der Lebensrealität der Umgang damit ganz anders aussehen kann (Ethik). Ich muss verstehen, warum der Bibelkanon so aufgebaut ist wie er ist (Bibelkunde) und warum Mission und Diakonie in Deutschland und der Welt so sind, wie sie gerade sind und so waren, wie sie mal waren (Missiologie und Diakonik) und was das für die Gemeindearbeit bedeutet.
All das hilft mir zu verstehen, dass Gemeindearbeit so viel vielfältiger ist, als dass sie nur in der "klassischen Gemeinde im Gemeindehaus" stattfindet, sondern eben in jedem Bereich, in dem ein Christ tätig ist und seinen Glauben lebt, und darüber hinaus überall dort, wo Gott ist. Und wo ist Gott denn bitte nicht?
Ich bin dankbar für dieses Studium - und ja, natürlich ist auch ein anderes Format möglich - aber für meinen Weg ist das, das richtige Format. Und für Deinen vielleicht auch?
Website der Theologischen Hochschule Elstal
* Zwei sehr gute Predigten zu diesem Thema von André Meyer, ein Pastor im Leipzigprojekt.