Bis vor einigen Jahren war ich eine interessierte Leserin des Enneagramms und der dazugehörigen Literatur. Natürlich vor allem der Literatur aus dem christlichen Bereich, aber auch aus dem säkularen. Von esoterisch oder gänzlich fernöstlich inspirierter Literatur mit Energielehren habe ich mich schon damals vollständig fern gehalten.
Mittlerweile distanziere ich mich jedoch ganz von dem Modell, auch wenn es immer noch einen gewissen Reiz ausstrahlt, weil ich selbst dadurch auch Erkenntnisse erlangt habe, die mich vermeintlich weiter gebracht haben. Irgendwann im Laufe meiner Beschäftigung mit dem Inhalt fing ich aber an mich mit den Ursprüngen und der Herkunft dieses Modells zu beschäftigen, was dazu führte, dass ich mich entschied, das Enneagramm nicht mehr aktiv zu verwenden und die Literatur zu entsorgen.
Alle Empfehlungen, die ich in meinem Blog dazu ausgesprochen habe, ziehe ich hiermit zurück, belasse sie aber im Blog, damit die Authentizität der Artikel nicht verloren geht.
Ich beziehe mich in diesem Artikel auf Wikipedia-Artikel, da diese für jeden verfügbar und verständlich sind, habe selbst aber auch in anderen Quellen recherchiert, welche letztendlich aber in den Wikipedia-Artikeln in Kurzform zusammen gefasst sind. Da das hier kein wissenschaftlicher Beitrag ist, sondern trotzdem noch Erfahrungsbericht bleibt, führe ich diese Quellen nicht auf.
Historisch-spiritueller Hintergrund des Enneagramms
Das Enneagramm-Buch, das ich als Hauptnachschlagewerk verwendet habe, stammt von Richard Rohr und Andreas Ebert.
Richard Rohr ist Franziskanerpater aus den USA mit deutschen Wurzeln.
Andreas Ebert ist ein deutscher, evangelischer Theologe. Er traf Richard Rohr 1977 bei einer Studienreise nach Cincinnati in den USA und schrieb 1988 mit ihm das Enneagramm.
Wer sich den Wikipedia-Artikel zu Richard Rohr durchliest, wird schon am Ende des ersten Abschnitts auf folgenden Satz stoßen: "Quellen seiner Inspiration sind außerdem Jesus Christus, Franz von Assisi, Meister Eckhart, Martin Luther, Dietrich Bonhoeffer, Carl Gustav Jung, Ken Wilber sowie Sufi- und Zen-Traditionen." Weiter unten im Bereich der Kritik trifft man auf: "Eher konservative römisch-katholische und evangelische Theologen kritisieren sein Gottesverständnis und sein Menschenbild als unbiblisch und häretisch, weil es zunehmend auch wesentliche gnostische Elemente enthalte."
Die Gnosis ist eine Lehre, die Elemente des christlichen mit anderen Lehren vermischt. Es handelt sich dabei um eine der Irrlehren, vor denen in den Evangelien und Briefen des Neuen Testaments gewarnt wird, die Jesus Christus nicht als den gekreuzigten und auferstandenen Sohn Gottes anerkennen.
Jesus selbst verurteilt in den sieben Sendscheiben der Offenbarung die Gnosis scharf und sagt dass er diese Lehre hasst. Die Nachfolger werden hier Nikolaiten genannt und es ist davon auszugehen, dass sich dabei um eine ähnliche Irrlehre handelt. Paulus nimmt in einem Brief an Timotheus darauf Bezug, wenn er schreibt:
"Timotheus, bewahre das anvertraute Gut,
indem du die unheiligen leeren Reden und Einwände der fälschlich so genannten Erkenntnis
[grie. gnosis] meidest, zu der einige sich bekennen und von dem Glauben abgeirrt sind!"
1. Timotheus 6,20.21
Die genauen Ursprünge des Enneagramm selbst sind nicht bekannt. Wie oft bei solchen Modellen gibt es verschiedene Verbreitungsformen und Anwendungen sowie Einströmungen - was aber schon aufzeigt, dass es keinen rein christlichen Ursprung hat.
Das Enneagramm wie es heute verwendet wird ist auf den russischen Esoteriker Georges I. Gurdijeff zurückzuführen, welcher das Enneagramm als Gegenbewegung zur Theorie des Modernen Menschen entwickelte und als "esoterisches Christentum" bezeichnete. Die Lehre des Enneagramms leitete er aus dem Sufismus (islamischer Mystik) ab.
Zur Deutung der Symbolik steht im Wikipedia-Artikel des Enneagramms:
"Der figürliche Aufbau des Enneagramms kann folgendermaßen interpretiert werden: Der Kreis steht für die eine umfassende göttliche Natur, auch für die Essenz des Lebens und die Vollkommenheit. Das Dreieck steht für das Nicht-Duale, die Dreifaltigkeit, These/Antithese/Synthese, bzw. Erschaffendes/Vernichtendes/Verbindendes oder Positiv/Negativ/Neutral. Demgegenüber steht das Sechseck für das Nicht-Vollkommene, Chaotische. Es wird aber auch als die Materialisation einer Idee, eines abstrakten Prinzips (arab. wham) beschrieben.
Darüber hinaus können weitere Figuren als Sub-Symbole aus dem Enneagramm abgeleitet werden, mit ihren Entsprechungen. So z. B. das Fünfeck, das aus der Figur des inneren Rands der sechseckigen Figur entsteht, wenn zusätzlich die Ecken Fünf und Vier verbunden werden. Es kann mit den Fünf Elementen assoziiert werden.
Zwischen den Punkten Vier und Fünf ergibt sich die größte Entfernung von zwei nebeneinanderliegenden Typen, was den Abstand zwischen dem (männlichen) Kopf- und dem (weiblichen) Herzbereich, die hier aufeinandertreffen, ausdrücken soll."
Es findet eine Aufspaltung der Einheit von Körper, Geist und Seele in bestimmte Energien oder Strömungen statt. Dies ist zutiefst unbiblisch. Die Bibel betrachtet den Menschen als Einheit aus Körper, Seele und Geist und nicht einzelne Teile, die man losgelöst voneinander optimieren kann.
Darum hat eine Umkehr zu Jesus oft auch Auswirkungen auf das alles. Die Beschäftigung mit dem Selbst sollte im Zusammenhang mit der Suche nach Gott stehen. Gotteserkenntnis führt zur Selbsterkenntnis, weil nur er uns wirklich kennt.
Das Enneagramm von Richard Rohr und Andreas Ebert hat ein christliches Gewand erhalten und ich streite nicht ab, dass es einen Mehrwert für Menschen haben kann, sich selbst besser zu erkennen und weiter zu entwickeln. Gleichzeitig ist die Anwendung solcher Modelle etwas, das dazu führt, dass wir uns sehr mit uns selbst beschäftigen.
Selbstoptimierung ist etwas, dass an Werkegerechtigkeit grenzt. Im Prinzip versuchen solche Lehren dem Opfer Jesu etwas hinzuzufügen und den Lernenden zu motivieren Veränderungen aus der eigenen Kraft zu bewirken. Wer ein besserer Mensch werden will, kann das nur durch die Annahme des Opfers Jesu. Wir müssen anerkennen - und das wiederkehrend -, dass wir Sünder und vor Gott zu recht schuldig sind.
Keine gute Tat oder Charakteroptimierung kann daran etwas ändern. Allein Buße und Umkehr sind das wahre Mittel um mit Gott versöhnt zu werden und wenn das geschehen ist, wird Gott unser Leben und Wesen formen.
Dafür ist es notwendig beständig nach dem Willen Gottes zu fragen und um Veränderung zu bitten.
Ja, das klingt fromm und hilft uns in manchen Lebenssituationen oftmals praktisch nicht weiter. Leider sind wir aber mehr als anfällig für andere Lehren und können uns darin verlieren und uns von der Anbetung Gottes abwenden.
Liebe Geschwister,
ich ermahne und ermutige euch dazu, besonders wenn ihr euch für klug haltet und glaubt, es würde euch nicht betreffen. Und das nicht aus falschem Stolz heraus, sondern aus eigener Erfahrung - nämlich eigenem Fehlverhalten.
Unser Herz ist beeinflussbar,
Die ihr euch mit dem Enneagramm beschäftigt, auch mit den säkularen und anderen "nicht energetischen" oder gar
abgespeckten, christlichen Werken, haltet euch lieber davon fern.
"Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen,
sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden,
weil es ihnen in den Ohren kitzelt;
und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren
und sich zu den Fabeln hinwenden.
Du aber sei nüchtern in allem,
ertrage Leid,
tu das Werk eines Evangelisten,
vollbringe deinen Dienst!"
2. Timotheus 4,3-5
Wer Ohren hat, der höre.
In Liebe, Pauline.
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